Komm mit ins “Wartezimmer der Geschichte” und gesell Dich zu jenen, die dort feststecken; hinein in die Auseinandersetzung mit Deutschlands kolonialer Vergangenheit und hin zu einem kreativen Ausblick in Deutschlands dekoloniale Zukunft.

Vernissage | 9. Dezember | 16-18 Uhr
Ausstellung | 13.-16. Dezember | 11-15 Uhr
Schlesische Str. 10/11

Bei der Auseinandersetzung mit den sogenannten Migrationsproblemen muss Deutschland die bis heute anhaltenden Gewaltsamkeit seiner eigenen kolonialen Geschichte in den Blick nehmen. Eine Gewalt, die nicht nur in den kolonialen Spuren fortbesteht, die wir in Straßennamen und hinter Museumstüren finden können, sondern auch institutionell in Einwanderungspolitik und Strategien der Entwicklungszusammenarbeit.

Durch unsere Politisierung des Wartezimmers als kolonialem Raum entsteht ein Ort des Innehaltens, des Lernens und des Träumens. Es entstehen Objekte und Bilder, die einladen uns eine gesellschaftliche Zukunft auszumalen, in der Ungerechtigkeit durch Bildung, Dialog, Kommunikation und gemeinsame Aktionen abgeschafft ist.

»The Colonial Waitingroom« ist eine Installation von »Studio Ƙarfi« in unserem Laden in der Schlesischen Straße 10/11. »Ƙarfi« ist hausa und steht für Stärke, Kraft und Empowerment. Mit den Mitteln der Kunst werfen wir einen kritischen, dekolonialen Blick auf die Gesellschaft, die Welt und konkrete Lebensrealitäten, die wir verändern wollen.

»Studio Ƙarfi« ist eine Kooperation unserer Projekte Bildungsmanufaktur und WIR!Filialen.

Wir drucken’s schwarz und bunt auf weiß: THE DECOLONIAL IS NOW.

The Waiting Room as a Colonial Space

When visiting the bustling rooms of the state office, it is often within the muted confines of the waiting room that we find bureaucracy at its most active. The moments spent here are not just another part of the Queue. Instead, the waiting room becomes a site of transition, a liminal space between there and here, between being and belonging, between past and future. This room is a space of possibility and also of subjugation. We take our numbers and find a seat. We glance over framed pictures and information boards and flip through official pamphlets. As we check our documents and watch the screen, anxiously waiting to be hailed, we might dream of past and future homes and our distance from both.

Can we also consider the waiting room, particularly on our frequent visits to the Ausländerbehörde, as a colonial space? Many visitors to these official offices come from countries that might themselves be considered as stuck in the “waiting room of history;” perpetually developing nations that reveal post-colonial progress as frozen time. Unfortunately, their individual migration journeys often echo this broader truth, each revealing a bureaucracy-dictated failure to transition or integrate. The stories of those who wait become part of larger narratives of the social, cultural and economic barriers created by Western colonial exploits. They reveal the systemic, material and ideological remnants of the European imperial era that exist all around us, memorialized in both brick and mortar and collective memory.

-Studio Ƙarfi

Das Wartezimmer als kolonialer Raum

Besuchen wir die geschäftigen Räume staatlicher Behörden können wir innerhalb der gedämpften Enge der Wartezimmer das Wirken der Bürokratie ganz deutlich spüren. Die hier verbrachte Zeit ist kein bloßes Schlange-Stehen. Vielmehr ist das Wartezimmer ein Übergangsort, eine Schwelle zwischen dem Hier und dem Dort, zwischen Sein und Zugehörigkeit, Vergangenheit und Zukunft – ein Ort der Möglichkeit, aber auch der Unterwerfung. Wir ziehen eine Nummer und suchen uns einen Sitzplatz. Wir blicken auf gerahmte Bilder und Informationstafeln und blättern in offiziellen Broschüren. Während wir unsere Dokumente prüfen und auf dem blinkenden und tönenden Bildschirm nach unserer Nummer Ausschau halten, angespannt darauf wartend, aufgerufen zu werden, könnten wir von vergangenen und zukünftigen Heimaten träumen und von unserer Distanz zu diesen.

Können wir den Warteraum, besonders während unserer häufigen Termine bei der Ausländerbehörde, als einen kolonialen Raum betrachten? Viele Besucher dieser Ämter kommen aus Ländern, von denen sich sagen ließe, dass sie selbst im „Wartesaal der Geschichte“ festsitzen; sich ständig entwickelnde Nationen, die den postkolonialen Fortschritt als eingefrorene Zeit enthüllen. Leider spiegeln ihre individuellen Migrationsgeschichten oft diese allgemeinere Wahrheit wider und offenbaren ein von der Bürokratie diktiertes Versagen in Sachen Übergang und Integration. Die Geschichten derer, die warten, werden Teil größerer Erzählungen, die von sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Barrieren handeln, ausgelöst durch westliche koloniale Ausbeutung. Sie zeigen die systemischen, materiellen und ideologischen Überbleibsel des europäischen Imperialismus auf, die überall um uns herum existieren – als gebaute Architekturen, in Stein gemeißelt und verankert im kollektiven Gedächtnis.

-Studio Ƙarfi

In Kooperation mit:

Gefördert durch:

Titelbild | Grafik: Philip Crawford / Luis Krummenacher | Bild: Adalbert von Rößler (†1922): Zeichnung der Teilnehmer der Kongokonferenz 1884.